Messung aus dem Weltraum: Methanlecks auf der Spur
20.06.2022
Die letzten sieben Jahre waren laut dem Copernicus Climate Change Service der EU die sieben wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Gleichzeitig stiegen die globalen Konzentrationen von Kohlendioxid und Methan – den beiden Haupttreibern des Klimawandels – weiter an. Und es gibt keine Anzeichen für eine Verlangsamung.
Dabei ist es gar nicht so einfach, alle vom Menschen verursachten Methanemissionen zu erfassen. In der Vergangenheit stützen sich die Wissenschaftler auf Daten lokaler Sensoren oder Messungen aus der Luft. Satellitenbeobachtungen waren selten, und die Messung von Methan eher spärlich.
Deshalb liegen aktuelle Schätzungen sehr wahrscheinlich unter dem tatsächlichen Gesamtausstoß. Auch wird eine große potenzielle Methanquelle, nämlich Lecks bzw. unfallbedingte Freisetzungen an Produktionsstätten der Öl- und Gasindustrie nur unvollständig erfasst. Ein internationales Wissenschaftlerteam hat diese Wissenslücke geschlossen.
Das gelang ihm durch die Auswertung der Messdaten des Tropospheric Monitoring Instrument (TROPOMI), das seit Ende 2017 an Bord des Sentinel-5P-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation um die Erde umkreist. Dabei handelt es sich um ein Spektrometer, also ein optisches Gerät, das eine Strahlung nach bestimmten Eigenschaften (Wellenlänge, Energie, Massen etc.) zerlegt.
Klimawandel besser bekämpfen
Anhand der Bildspektrometerdaten konnten die Wissenschaftler eine Karte der Methan-Ultra-Emittenten der weltweiten Öl- und Gasförderanlagen erstellen. Die orangefarbenen Punkte zeigen die Emissionsquellen und die Größe der Emissionen; die blauen Linien sind die großen Gaspipelines.
Aus dieser Methankarte geht hervor, dass die Ultra-Emittenten weltweit etwa 8 Millionen Tonnen Methan pro Jahr ausstoßen – das entspreche, gemessen am Erwärmungspotenzial, den Treibhausgasemissionen von 20 Millionen Straßenfahrzeugen. Das Schöne an der Studie: Die Autoren weisen darauf hin, dass es vergleichsweise einfach sein dürfte, die Methanlecks dieser großen Emittenten aufzuspüren und zu beheben – nachdem sie nun identifiziert und kartiert worden sind.
Obwohl Methan in der Atmosphäre weniger häufig vorkommt als Kohlendioxid, hat es eine erhebliche Bedeutung für den Klimawandel. Dieses Klimagas ist bei der Speicherung von Wärme in der Atmosphäre etwa 30-mal so wirksam wie CO2. Im Gegensatz zu letzterem, das 300 bis 1000 Jahre oder länger in der Atmosphäre bleibt, hat Methan eine vergleichsweise kurze atmosphärische Lebensdauer von 12 bis 15 Jahren. Das bedeutet, die Reduzierung der Methanemissionen könnte in naher Zukunft eine immense Auswirkung auf die atmosphärischen Konzentrationen und damit auf die Erderwärmung haben. Deshalb sollte die Verringerung der Methanemissionen bei der Bekämpfung des Klimawandels ganz oben auf der Maßnahmenliste stehen.
Links:
1 https://climate.copernicus.eu/copernicus-globally-seven-hottest-years-record-were-last-seven
2 http://www.tropomi.eu/
3 Science, https://www.science.org/doi/10.1126/science.abj4351
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