Alpenflüsse: steigende Wassertemperaturen – auch im Winter

Die Auswertung von Langzeit-Messungen für den Inn (Land Tirol, Österreich) ergaben eine konstante Erwärmung, besonders in den Wintermonaten.
Foto: Georg Niedrist

Alpenflüsse: steigende Wassertemperaturen – auch im Winter

14.03.2022

Aufgrund des Klimawandels schmelzen die Gletscher in den Alpen rasant. Aber auch die Fließgewässer erwärmen sich. Das belegt eine Studie österreichischer Forscher, die über einen Zeitraum von 45 Jahren die Wassertemperatur der Tiroler Gebirgsflüsse Inn und Großache gemessen haben. Sie stellten signifikante Erwärmungen sowohl im Hochgebirge als auch bei tiefer liegenden Flüssen fest.

Dabei hatten die Wissenschaftlereigentlich gehofft, dass die schmelzende Eismassen den Aufheizeffekt bei den Fließgewässern abbremsen würden. Das Gegenteil ist der Fall: Die Lufttemperaturen im Gebirge steigen schneller an als im globalen Durchschnitt und damit steigen auch die Wassertemperaturen.

Für ihre aktuelle Studie analysierten Wissenschaftler der Universität Innsbruck Langmesszeitdaten des Hydrologischen Dienstes des Landes Tirol für Inn (45 Jahre) und Großache (25 Jahre). Das Ergebnis: Die Wassertemperatur für ersteren stieg um plus 0,24 ,für zweiteren um plus 0,44 °C pro Jahrzehnt.

„Neu ist eine generelle und erhebliche Erwärmung beider Gewässer in den Wintermonaten. So steigen die winterlichen Temperaturen zumindest ähnlich schnell wie jene im Sommer“, berichtet Georg Niedrist, Mitglied der Forschungsgruppe Fließgewässerökologie und Naturschutz der Uni Innsbruck.

Folgen für Kaltwasserorganismen

Vor allem das vergangene Jahrzehnt sei durch einen starken jährlichen Anstieg der niedrigsten und höchsten Wassertemperatur gekennzeichnet. Dieses Phänomen korreliere mit dem Anstieg der lokalen Lufttemperaturen. „Seit mehreren Jahren hat die Wassertemperatur im Inn nicht mehr den Gefrierpunkt erreicht – auch nicht für wenige Stunden. Vor allem aufgrund der neu aufgezeigten Erwärmung der Gewässer im Winter müssen wir von drastischen Auswirkungen auf die winterliche Entwicklung von Kaltwasserorganismen wie der Bachforelle ausgehen“, sagt der Ökologe.

Die Folgenfür das Ökosystem sind noch gar nicht absehbar. Damit ist Niedrist und Kollegen klar, dass weitereUntersuchungen notwendig sind. Denn es stellen sich viele Fragen: Welchen Einfluss hat der Temperaturanstieg auf die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Wassers? Können die Gebirgsflüsse weiterhin organisches Material zersetzen und sich damit immer noch selbst reinigen? In wie weit ist die biologische Aktivität und das Wachstum von Wasserorganismen betroffen? Was bedeutet die Erwärmung für die biologische Vielfalt des Alpenraums? Welche fremden Arten werden sich ansiedeln undden Platz heimischer Pflanzen und Tiere einnehmen?

Und schließlich: Welche Folgen hat die Temperaturerhöhung auf die Trinkwasserreserven der Region und der Anrainerstaaten?

 

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